Wie eine Gastwirtschaft zum Rathaus wurde

„Kurhaus Hahnenklee“ - Geschichte eines Hotels

Als im Jahre 1893, Hahnenklee ein kleines Bergmannsdorf war und mit Bockswiese zusammen 64 Häuser zählte, waren nur zwei Gastwirtschaften vorhanden. 

Zum einen das „Deutsche Haus“ und zum anderen der Gemeindekrug „Grüne Tanne“. Beide Wirte hießen Frick – im Volksmund der „Deutsche Frick“ und der „Krug Frick". Letzterer hatte einen Schwiegersohn der in Goslar im „Brusttuch“ Oberkellner gewesen war. Diesem was der „Krug“ zu klein und er veranlasste seinen Schwiegervater, an der Stelle, wo heute das Rathaus steht, ein großes Hotel zu bauen. Im Frühsommer ging der Bau an. Dort, wo heute das Café Fricke steht, war eine große Anzahl Zimmerleute am Werk. Lange Baumstämme wurden angefahren, und mit Axt und Säge wurde tüchtig gearbeitet. Auf der Baustelle war auch eine größere Zahl von Maurern beschäftigt, und schon gegen Ende August 1893 war ein Teil des Gebäudes gerichtet; 3 Stockwerke mit einem großen und zwei kleineren Türmen. Es war der damaligen Zeit entsprechend ein gewaltiger Bau denn, was hier gerichtet war, war erst die Hälfte des gesamten Bauwerks. Etwa um die Mitte des Monats November wurde dann die andere Hälfte, ebenfalls 3 Stockwerke, unten ein großer 6 Meter hoher Saal, darüber 2 Stockwerke und dann das Dach gerichtet.

Altes Rathaus

Das Unglück...

Es war Sonnabend, die Dachdecker hatten die Dachlatten genagelt und hatten Feierabend gemacht – da geschah das Unglück: ein Teil des Gebäudes stürzte ein! Am Sonntag folgte ein gewaltiger Sturm mit Regen, und in der Nacht von Sonntag zum Montag gegen 4 Uhr morgens stürzte der zuletzt gerichtete Teil mit großem Getöse ein. Wes war dieses der Montag vor dem Bettag, als morgens die Handwerker kamen staunten sie nicht schlecht. Ich sehe noch den Mauermeister Dahle mit seinem Polier Heinrich Dasecke, beide aus Goslar, fassungslos vor dem Trümmerhaufen stehen. Dazu kam dann noch Zimmermeister Willner, ebenfalls aus Goslar, welcher sagte: „Ist man gut, dass es nachts passiert ist und keine Menschen verunglückt sind“.  Weiter hörte ich noch, wie er sagte: „es ist so besser, sonst hätte es passieren können das den Gästen im Saal die Bescherung in die Suppe gefallen wäre“. Auch die Herren von der Behörde waren gleich zur Stelle. Nur einer fehlte und dieser kam später: der Architekt. Er schien kein gutes Gewissen zu haben, denn er hatte zu leichtsinnig gebaut. Es kam dann der Mittwoch (Bettag), es war ein herrlicher Herbsttag. Aus der ganzen Umgegend kamen die Menschen nach hier. Alle wollten den Trümmerhaufen sehen. Der Weiterbau wurde für kurze Zeit eingestellt. Nach wenigen Wochen allerdings wurde der eingestürzte Teil wiederaufgebaut. Dabei wurde allerdings eine neue Eisenkonstruktion verwandt. Der Winter war mild – Schlosser haben alles verschraubt und vernietet, zum späten Frühjahr war alles fertig. Im Sommer 1894 wurde es eingeweiht das „Kurhaus Hahnenklee“. Inzwischen war man auch so weit, dass die Klage beim Landgericht Göttingen im Gange war. Es musste nur die Frage gelöst werden, wer die Schuld am Einsturz des Gebäudes trug und wer den Schaden zu tragen hatte. Soweit bekannt ist, musste der Architekt einige Monate hinter schwedische Gardinen, und der Bauherr der alte Krugwirt Frick die Gerichtskosten zahlen.

Der Verkauf...

Im Jahre 1904 wurde das Hotel verkauft. Die Kaufverhandlungen fanden im großen Gastzimmer in aller Öffentlichkeit statt. Vereinbart wurde ein Kaufpreis von 163 000 Mk. Der Verkäufer verpflichtete sich, alle innerhalb eines Jahres auftretende Mängel, wie Schwamm, Fäulnis usw. auf seine Kosten zu beseitigen. So kam der Kauf zustande. Eines Tages ging der neue Besitzer auf den im 3. Stock liegenden Balkon. Plötzlich gab es einen nicht unerheblichen Knack und der beleibte Herr mit seiner zierlichen Frau wäre beinahe abgestürzt, wenn er nicht zurückgesprungen wäre. Wenige Tage später waren Zimmerleute dabei, die ganze Vorderseite mit den vielen Balkons aufzudecken – alles war faul. Wochenlang haben Handwerker daran gearbeitet um diese Schäden zu beheben. Das Ende war, dass eine Einigung zustande kam wonach der Verkäufer – der Krug Frick – den Kaufpreis um 30 000 Mk ermäßigte.

Im Jahre 1911, am Osterheiligen Abend, ist das gesamte Anwesen bis auf die Grundmauern abgebrannt. Der Hausdiener soll es angsteckt haben. Man kann wohl sagen, dieses war ein Glück, denn heute wäre es ein Verkehrshindernis, da es zu dicht an der Straße stand. Lange Jahre hat das Grundstück dann freigelegen, bis 1934 das heutige Rathaus, natürlich weiter zurück wie wir heute sehen, darauf gebaut wurde.

Quelle: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender 1950 – E.Frick
hier wiedergegeben A. Pfannkuche

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